Corona-Krise
Corona hat die Welt fest im Griff. Und bis sich das ändert, wird es wohl auch noch etwas dauern. Jeden Tag hören wir in den Nachrichten immer neue, immer höhere Zahlen der Infizierten und Toten. Die Geschehnisse machen einen nachdenklich und durch die (freiwillige) Quarantäne hat man viel Zeit nachzudenken.
So musste ich unvermeidlich an meine Zeit in Honduras denken. Ich habe dort viele Erfahrungen gemacht, die mich bis heute prägen, meine Sicht auf die Dinge verändert haben. Ein paar davon möchte ich mit euch teilen.
Nach der wunderschönen Zeit, die ich in Mexiko verbrachte, wollte ich unbedingt mehr von Lateinamerika sehen. Deshalb beschloss ich in den Semesterferien zusammen mit einer Freundin ehrenamtlich
in einer Kindertagesstätte in Honduras zu arbeiten. Es wurde eine der aufregendsten Zeiten meines Lebens. Wochen voller Hochs und Tiefs, mit Sorgen und Momenten des puren Glücks.
Aber von vorne: Über das Internet fanden wir eine Organisation, welche uns die Arbeit in der Kindertagesstätte sowie unsere Unterkunft vermittelte. Ein paar Wochen später ging es auch schon los nach Tegucigalpa, der Hauptstadt Honduras. Mit dem Bus zum Hafen und mit der Fähre zu der Insel, die für die nächsten Wochen unser Zuhause sein sollte: Roatán. Nach über 36 Stunden Reise kamen wir dann auch endlich an und unser Abenteuer konnte beginnen.
Am nächsten Tag fingen wir direkt an, in der Kindertagesstätte zu arbeiten. Es hat uns unglaublich viel Spaß gemacht, die Kinder zu beaufsichtigen, aber auch mit ihnen herumzualbern, dabei zu helfen, sie zu beruhigen, wenn es Zeit wurde für den Mittagsschlaf oder den älteren Englischunterricht zu geben. Wir wurden sowohl von den Kindern als auch von den Erzieherinnen sehr schnell und herzlich aufgenommen.
Nach Feierabend und an den Wochenenden gingen wir auf der Insel auf Erkundungstour. Wir bummelten über die kleinen Märkte, schlossen Freundschaften mit den Bewohnern des kleinen Örtchens (mit
unserer hellen Haut und den fast blonden Haaren, waren wir kaum zu übersehen und so kannte uns bald jeder), probierten uns durch die honduranische Küche und die leckeren tropischen Früchte und
genossen die Sonnenuntergänge an den traumhaften karibischen Stränden.
Wir erlebten in dieser Zeit so viele wunderschöne Momente der Freundschaft und des Miteinanders, aber auch Momente, in denen uns die Schönheit der Natur einfach überwältigte.
Paradiesische Natur auf Roatán, Honduras
Doch zwischen all den unvergesslich schönen Erlebnissen, schoben sich leider auch unschöne Erfahrungen. So ging es mir während eines Ausflugs zu einem Naturpark gesundheitlich auf einmal sehr schlecht. Ich brach zusammen und musste zum Arzt gebracht werden. Es wurde dann relativ schnell klar, dass mich das Dengue-Fieber erwischt hatte. Für alle, die es nicht kennen, Dengue-Fieber ist ein Virus, der durch die Tigermücke übertragen wird. Er verläuft unterschiedlich, meist hat man grippeähnliche Symptome. In wenigen Fällen kann es jedoch zu inneren Blutungen kommen und sogar zum Tod. Aufgrund der starken Gliederschmerzen wird er auch Knochenbrecher-Fieber gennannt. Ich denke, das sagt schon alles aus. Ich hatte Glück und meine Symptome waren nicht so schlimm, unsere Vermieterin brachte mich aber zu Sicherheit dennoch in eine private Klinik. Nachdem es mir aber bereits schnell wieder besser ging und klar wurde, dass der Klinik hauptsächlich daran lag, meinen Geldbeutel zu erleichtern, verließ ich sie dann recht fix wieder.
Kurz danach wurde auch meine Freundin krank und musste ins Krankenhaus. Nach den vorrangegangenen Erfahrungen brachten wir sie in das öffentliche Krankenhaus. Schon die private Klinik war keinesfalls auch nur ansatzweise mit deutschen Standards vergleichbar, aber die Situation in der öffentlichen Einrichtung, war doch nochmal deutlich schlechter. Es war laut, schmutzig, auf dem Boden lagen benutzte Spritzen verstreut, als Toilette diente ein Mülleimer und ab und an hörte man beunruhigenden Schreie von anderen Patienten.
Krankenhauszimmer und "Toilette"
Glücklicherweise ging es meiner Freundin recht schnell wieder besser.
Beide konnten wir das Krankenhaus nach kurzer Zeit wieder verlassen und wussten, das war eine einmalige Erfahrung. Wir wussten auch, wäre es uns schlechter gegangen, hätte man uns zur weiteren
Behandlung in ein Krankenhaus in Deutschland gebracht.
Die Menschen auf Roatán haben diese Möglichkeit nicht. Sie können sich nicht einfach in ein anderes Krankenhaus, geschweige denn in ein anderes Land fliegen lassen. Sie müssen das nehmen, was da
ist, und sei es auch noch so wenig.
Für uns war diese Erfahrung bereits erschreckend und beängstigend. Dennoch war uns bewusst, an anderen Orten auf der Welt ist es noch schlimmer. Schmutziger. Lauter. Beängstigender.
In diesen Tagen muss ich oft daran zurückdenken. Corona ist schrecklich und darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Die gesundheitlichen und auch wirtschaftlichen Folgen sind langfristig noch
überhaupt nicht abzusehen. Es ist lediglich sicher, dass es schwere Zeiten sind und bleiben werden.
Und dennoch beruhigt mich der Gedanke in Deutschland zu leben. Freien Zugang zu einer der besten Gesundheitsversorgungen der Welt zu haben. Die Heilungschancen hier sind recht gut, das zeigt auch
die im Vergleich zu anderen Ländern geringe Sterberate.
Doch wie hoch sind die Heilungschancen in Honduras? Oder in anderen Ländern Lateinamerikas? Man muss nicht lange nachdenken oder recherchieren, um zu wissen, dass sie dort wesentlich schlechter
stehen. Und trotzdem beschweren wir uns. Und beschweren uns. Und beschweren uns.
Diese Erfahrungen, die ich in Honduras gemacht habe, sind keine an die ich mich gerne zurückerinnere. Trotzdem möchte ich sie nicht missen, denn sie lehrten mich einmal mehr, dankbar zu sein. Zu
oft sehen wir die Dinge als selbstverständlich an, beschweren uns über Kleinigkeiten. Nichtigkeiten. Dabei sollten wir ihn wirklich zu schätzen wissen, den Luxus, in dem wir in Europa leben. Denn
genau das ist es: Luxus.
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