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¡Viva México!

¡Viva México!

Atotonilco, Jalisco, Mexiko
Atotonilco, Jalisco, Mexiko

Wenn mich jemand nach der aufregendsten Zeit in meinem Leben fragt, bekommt er von mir zwei Antworten (da ich mich hierbei, wie bei so vielen anderen Dingen nur schwer entscheiden kann): Meine Aufenthalte in Honduras und Mexiko.
Ich möchte euch ein wenig von meinen Erlebnissen und Eindrücken in Mexiko erzählen.
Dass ich nach meinem Abitur unbedingt eine Zeitlang ins spanisch-sprachige Ausland wollte, war mir schon lange klar, nur wohin genau, war noch die Frage. Aber Bekannte vermittelten mir dann den Kontakt einer Familie in Guadalajara, Mexiko. Damit war die Entscheidung auch schon gefallen: Ausland, Spanisch und noch dazu am anderen Ende der Welt – Abenteuer pur für eine frischgeschlüpfte Abiturientin!

 

Kurz darauf ging es auch schon los, von Frankfurt aus nach Mexiko-Stadt und von dort mit dem Bus nach Guadalajara.
Guadalajara ist mit 1,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Mexikos und auch bekannt unter dem Namen Perla del Occidente – also Perle des Westens.

 

Die Familie bei der ich unterkommen durfte, bestand aus den Eltern und ihren drei Söhnen. Der Vater, der immer ein spitzbübiges Grinsen im Gesicht und ein herausforderndes Blitzen in den Augen hatte, erklärte mir vom ersten Tag an gerne voller Inbrunst, warum die US-Amerikaner alle die Bösen waren und hatte auch immer Geschichten auf Lager, die das perfekt bestätigten und ihm „alle selbst passiert sind“, wie er mir immer wieder mit hochgezogenen Augenbrauen und einem bedeutungsvollen Nicken versicherte. Aber egal wie viel Wahrheit in seinen Erzählungen steckte, unterhaltsam waren sie allemal.
Seine Frau, ebenfalls ein herzensguter Mensch, lachte meist nur über seine Geschichten, die sie bestimmt schon alle auswendig kannte.
Die drei Jungs waren damals 18, 16 und 8 Jahre alt. Der Älteste war eher selten zuhause, meistens war er mit Freunden unterwegs. Die meiste Zeit verbrachte ich unter der Woche mit den anderen beiden. An den Wochenenden haben wir meistens Ausflüge unternommen und meine Gastfamilie hat mir ihr tolles Land und ihre Kultur nähergebracht.
So habe ich wirklich ein paar wunderschöne Ecken Mexikos kennengelernt, beeindruckende Natur und jahrhundertealte Städte.

Aber ich muss sagen, am Interessantesten war es für mich, den mexikanischen Alltag zu erleben. Das mag banal klingen, ist aber durch die vielen kulturellen Unterschiede einfach spannend.

An einen Abend erinnere ich besonders gern zurück. Es war Freitag- oder Samstagabend und wie jedes Wochenende sind wir auswärts essen gegangen.
Danach liefen wir durch die vielen kleinen Straßen, die einen geradewegs dazu einladen, sich zu verlaufen. Es war bereits spät, aber es schien, die ganze Stadt war noch unterwegs. Autos bahnten sich hupend ihren Weg durch den Verkehr, Menschen begrüßten sich lautstark, lachten und tanzten zu der Musik, die aus den vielen kleinen Bars schallte.
Musik gab es auch in dem Lokal, in dem wir schon von Tanten,
Onkeln, Cousins und Cousinen erwartet wurden. Es wurde getrunken, - natürlich Tequila, wie könnte es anders sein – und viel gelacht. Nach einiger Zeit kam eine Mariachi-Band vorbei, es wurden ihnen ein paar mexikanische Pesos zugesteckt und schon trällerten sie ein paar Lieder für uns. Die Männer der Runde stimmten mit ein, sangen Liebeslieder über ihr wunderschönes Land und bald standen ihnen dabei die Tränen in den Augen. Richtig gelesen, gestandenen Mannsbildern kamen die Tränen, weil sie erfüllt waren von der Liebe zu ihrer Heimat und ihrer Kultur.

Auch DAS ist Mexiko.

Guadalajara, Jalisco, Mexiko
Guadalajara, Jalisco, Mexiko

Viel zu oft bringen wir Mexiko nur mit Drogenhandel, Gewalt und Korruption in Verbindung.

Natürlich ist dies ein großes Thema und die Gefahr, die im Land herrscht, sollte man nicht unterschätzen. In den wenigen Monaten, die ich dort verbrachte, kam es mehr als einmal vor, dass einer der Jungs nach Hause kamm und erzählte, dass er gerade überfallen worden war. Männer hatten ihm aufgelauert, mit einem Messer bedroht und alles abgenommen, was er bei sich getragen hatte.
Das ist schrecklich, und gehört beinahe schon zum Alltag dort.
ABER man sollte trotzdem nicht vergessen, was für ein vielfältiges Land Mexiko ist, mit tollen Menschen und reich an Kultur. Die Familie hat einen hohen Stellenwert, sie hält zusammen und ist füreinander da. Die Menschen sind herzlich und offen und scheuen sich nicht davor, ihre Gefühle zu zeigen, egal ob Trauer, Schmerz, Liebe oder Freude.

Meine Zeit dort war aufregend, interessant und einfach wunderschön!
Ich kann nur jedem, der die Möglichkeit hat, eine Zeitlang bei einer Gastfamilie unterzukommen, raten, diese Chance zu nutzen! Eine bessere Möglichkeit, das ECHTE Mexiko in all seinen Facetten kennenzulernen, gibt es meines Erachtens nicht.

 

¡Viva México!

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anton S (Donnerstag, 19 Oktober 2017 21:49)

    Wunderschön geschrieben, traumhafte Geschichte!